29. Februar 2016

Was Sie schon immer über Verzerrungen wissen wollten.

Was Sie schon immer über Verzerrungen wissen wollten.
‚Verzerrung‘ ist eine wichtige Kenngrösse von Audiokomponenten und findet sich oft in Produkt-Spezifikationen von Lautsprechern, Verstärkern und anderen Geräten aus den Bereichen Studio- oder Beschallungstechnik. Leider werden dabei oft Begriffe nachlässig gehandhabt und wichtige Zusatzinformationen weggelassen. Dieser Artikel soll Klarheit über Begriffe, Messmethoden und deren richtige Anwendung verschaffen.

Manchmal sind Verzerrungen gewollt - legendär ist zum Beispiel der ‚weiche‘ Klang von Röhrenverstärkern. Im Gegensatz zu Transistorverstärkern erzeugen Röhrenverstärker hauptsächlich geradzahlige Verzerrungskomponenten, die mit dem Grundton harmonisch nah verwandt sind und deshalb für den Menschen durchaus angenehm klingen. 

Wenn es jedoch darum geht, Sprache oder Musik möglichst unverfälscht aufzunehmen, zu verteilen und schlussendlich wiederzugeben, dann sind zusätzliche Verzerrungen, die im ‚Live Sound‘ nicht vorhanden waren, unerwünscht. Die Klassifizierung und Messung dieser unerwünschten Verzerrungen wird im Folgenden behandelt.


Lineare vs. nichtlineare Verzerrungen
Von linearen Verzerrungen eines Prüflings spricht man, wenn das Eingangssignal am Ausgang zwar die Amplitude oder Phase ändert, jedoch keine neuen Frequenzen entstehen.

Bei nichtlinearen Verzerrungen werden hingegen neue Frequenzanteile erzeugt. Nichtlineare Verzerrungen sind es, was üblicherweise unter „Verzerrung“ verstanden wird.

play Originales Signal    play Linear verzerrtes Signal    play Nichtlinear verzerrtes Signal   
      (Amplituden-Einbruch bei 00:01s)   (Zusätzliche Frequenzen bei 00:01s)


Harmonische vs. nicht harmonische Verzerrungen
Nichtlineare Verzerrungen werden weiter in harmonische bzw. nicht harmonische Verzerrungen unterteilt. Bei harmonischen Verzerrungen werden alle ganzzahligen Vielfachen der Grundfrequenz betrachtet. Dies ergibt den Klassiker unter den Verzerrungsmessungen - den Klirrfaktor, auch THD (Total Harmonic Distortion) genannt.  In speziellen Anwendungen  wird auch die Summe einiger spezifischer Harmonischer betrachtet.  Bei nicht harmonischen Verzerrungen entstehen Signalkomponenten deren Frequenzen ungleich den ganzzahligen Vielfachen der Grundfrequenz sind. Dies ist z.B. bei Intermodulationsverzerrungen (IMD) der Fall.


Flexus FX100 THD Spectrum

Harmonic Distortion Spectrum

Klirrfaktor vs. Intermodulationsverzerrung

Klirrfaktormessungen (THD) sind weitverbreitet und einfach zu durchzuführen, haben jedoch einen entscheidenden Nachteil bei Messgeräten mit geringer Analysebandbreite. Bei Testsignalen mit hohen Frequenzen liegen die harmonischen Verzerrungen schnell ausserhalb des Messbereichs. Hier hilft entweder ein Messsystem mit hoher Analysebandbreite, oder die Messung von Intermodulationsverzerrungen. Bei IMD Messungen werden zwei oder mehr Sinustöne mit unabhängiger Frequenz und Amplitude auf das zu testende System geschickt. In einem nichtlinear verzerrenden System entstehen nun Summen und Differenzen von ganzzahligen Vielfachen aller Eingangsfrequenzen. Die Verzerrungen liegen dadurch verteilt in der gesamten Analysebandbreite.


Mess- und Berechnungsmethoden
Verzerrungen werden fast immer als Verhältnisse von Signal- und Verzerrungsspannungen dargestellt. Typische Einheiten sind % oder dB. Die Signale können aus elektrischen oder akustischen Quellen stammen.

Beim Klirrfaktor (THD) gibt es zwei gebräuchliche Berechnungsmethoden. THD nach IEEE berechnet sich aus dem Verhältnis von Verzerrungen zur  Grundschwingung und wird überwiegend in den USA verwendet. THD nach der IEC Methode berechnet sich aus dem Verhältnis von Verzerrungen zur Summe aus dem Ursprungssignal und den Verzerrungen  und ist fast überall ausserhalb der USA gebräuchlich. Häufig wird bei älteren Messsystemen zu den  Verzerrungen noch das Signalrauschen mitgemessen. Dies ergibt dann den THD+N Wert (N für Noise). In jedem Fall ist die Angabe der Analysebandbreite sehr wichtig, da diese das Resultat entscheidend beeinflusst.

Bei den Intermodulationsmessungen gibt es drei hauptsächlich verwendete Methoden. Die MOD Methode nach IEC60268/3 verwendet zwei Töne mit wählbaren Frequenzen und Amplituden. Gemessen werden Intermodulationsprodukte der 2.-5. Ordnung. Ähnlich funktioniert die DFD (Difference Frequency Distortion) und CCIF. Hier liegen die beiden Frequenzen jedoch sehr nahe beieinander und haben dieselbe Amplitude. Die DIM (Dynamic Intermodulation) Methode wird häufig in Verstärkertests angewendet und verwendet ein Rechtecksignal plus einer zusätzlichen Modulationsfrequenz.



Flexus FX100 IMD Spectrum

DFD (Difference Frequency Distortion) Spectrum

Womit messen?

Für Anwendungen die mehr als ein THD+N Resultat erfordern, wird ein mehrkanaliges System mit grosser Bandbreite und schnellen Signalprozessoren wie der FX100 Audio Analyzer benötigt. In Verbindung mit der FX-Control PC Software können sämtliche relevanten Verzerrungsarten normgerecht, einfach und schnell gemessen werden.


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