Was Sie schon immer über Sweeps wissen wollten…

Sweeps sind eine beliebte Methode in der Audio-Messtechnik, um den Verlauf eines Messwertes über einen fortschreitenden Parameter zu beschreiben. Die meistverwendete Anwendung ist ein Frequenzgang über das Standard-Audioband von 20 Hz bis 20 kHz. Doch mit einem Sweep kann weit mehr gemessen werden. Dieser Artikel bietet einen Überblick sowie detaillierte Erklärungen zu verschiedenen Methoden, Parametern und Optimierungen rund um das Thema Sweep.

Definitionen

Die Ergebnisse von Sweep-Messungen werden oft mit der Messfunktion und der Endung –Gang benannt. So gibt es zum Beispiel den Amplitudengang, den Impedanzgang oder den Phasengang. Eine Ausnahme davon ist der Begriff „Frequenzgang“. Ein Frequenzgang besteht genau genommen aus zwei Messreihen, dem Amplituden- und dem Phasengang eines zu testenden Systems. In der Praxis wird aber oft Frequenzgang mit Amplitudengang gleichgesetzt.


Frequenzgang
Frequenzgang

 
Wenn keine weiteren Angaben zu einer …–gang Messung vorliegen, darf angenommen werden, dass die Signalfrequenz als variierende Grösse verwendet wird.

Im Weiteren wird nun beschrieben, welche Grössen im Sweep variiert und wie diese parametrisiert werden können.

Glide Sweep
Einen Glide-Sweep oder Chirp zeichnet die kontinuierliche logarithmische Erhöhung der Frequenz aus. Dadurch wird das zu testende System zwischen Start- und Stopp-Frequenz lückenlos angeregt. Die Signaldauer kann vom Benutzer gewählt werden, ohne dabei an Frequenzauflösung bei den Resultaten zu verlieren. Damit lassen sich auf das jeweilige Testsystem optimierte, konstant schnelle Messungen realisieren.

Aus dem erfassten Zeitsignal wird die Impulsantwort des Systems errechnet, und daraus wiederum die Amplituden-, Phasen-, und Verzerrungsfrequenzgänge. Unerwünschte akustische Reflexionen können mittels einer Zeitfensterung ausgeblendet werden.


Glide Sweep Signal
Glide Sweep Signal

 

Da die exakte Dauer des Sweep-Signals bekannt ist, eignet sich der Glide-Sweep hervorragend zur Messung von Signalen, die nicht vom Audio Test System abgespielt werden. Dazu wird dem Sweep Signal eine kurze Trigger-Sequenz vorangestellt. Diese Methode findet Anwendung bei Messobjekten, die keinen Audio-Eingangskanal aufweisen, wie z.B. Smartphones, Tablets oder Smart-Devices.

Obwohl die Theorie des Glide-Sweep schon einige Jahrzehnte bekannt ist, hat sich dessen Anwendung in Audio Messgeräten erst seit einigen Jahren verbreitet. Grund dafür ist die hohe benötigte Rechenleistung.

Stepped Sweep
Bei einem Stepped-Sweep wird genau ein variabler Parameter des Stimulus (Frequenz oder Amplitude) in diskreten Schritten inkrementiert oder dekrementiert. Nach jeder Änderung wird gewartet, bis der Analysator einen stabilen Messwert erkennt. Danach wird der nächste Zustand gesetzt. Die Zustandsänderung kann in linearer oder logarithmischer Skalierung erfolgen. Die Stabilitätsbedingung (Settling) kann vom Anwender parametrisiert werden.

Da das Settling-Verhalten verschiedener Testobjekte nicht vorhersehbar ist, lässt sich auch die Messdauer eines Stepped-Sweep nicht exakt im Voraus bestimmen.

Für die Bestimmung von Amplituden- oder Frequenzgang wurde der Stepped-Sweep weitestgehend vom Glide-Sweep abgelöst, da dessen Vorteile stark überwiegen. Die Hauptanwendung des Stepped-Sweep liegt in der Messung von Linearitätsverhalten von Systemen. Hier wird die Frequenz des Testsignals konstant gehalten. Der variable Parameter ist die Amplitude. Gemessen werden typischerweise Amplitude und Verzerrung des Testobjekts. Dies wird auch als Amplituden-Sweep bezeichnet.


Linearität-Messung
Linearität-Messung

 

Amplituden-Gewichtung
Wird die Frequenz als variabler Parameter gewählt, kann optional auch der Amplitudenverlauf des Stimulus definiert werden. Dies ermöglicht z.B. die Entzerrung eines Verstärker- oder Lautsprecher Verhaltens, sodass am Ausgang derselben ein flacher elektrischer bzw. akustischer Amplitudengang anliegt. Dieses Feature steht für Glide-Sweep und Stepped-Sweep zur Verfügung.

Time Sweep
Bei einem Time-Sweep wird auf der X-Achse der zeitliche Verlauf gezeichnet. Die Y-Achse ist mit einem Messwert, z.B. der Amplitude belegt. Der daraus geformte Zeitschrieb wird z.B. zur Langzeit-Beobachtung von Systemen benutzt.

Table Sweep
Eine selten verwendete Sonderform des Stepped-Sweeps ist der Table-Sweep. Hier das Stimulus-Signal als Sequenz von beliebigen Frequenz- und Amplitudenpaaren aus einer Tabelle verwendet.

Praktische Messungen

Geräte und Systeme aus der Audio- oder Akustikwelt werden im gesamten hörbaren Bereich und weit darüber hinaus betrieben. Dieser Bereich erstreckt sich über die zwei Dimensionen Frequenz und Pegel. Dementsprechend müssen auch Messungen an Audio- und Akustik-Systemen die relevanten Kenngrössen in diesen Bereichen messtechnisch erfassen und bewerten. Die Grundlage dafür sind Sweep-Messungen.

Für eine aussagekräftige und präzise Messung müssen die Sweep-Parameter auf das zu testende Objekt angepasst werden. Die wichtigsten Parameter sind der Start- und Stop-Wert von Frequenz oder Amplitude sowie die Anzahl der gewünschten Messpunkte. Wird ein GlideSweep verwendet, muss die Dauer der Messung spezifiziert werden.

Messungen an akustischen Komponenten
Bei Sweep-Messungen an Lautsprechern sind mehrere Punkte zu beachten, denn ausser dem akustischen Frequenzgang in dBSPL (links) ist möglicherweise auch der Impedanz-Frequenzgang (rechts) interessant. Es muß also sichergestellt sein, dass die Start- und Stopp-Frequenzen so gewählt werden, dass nicht nur die spezifizierte Bandbreite des Lautsprechers abgedeckt wird, sondern dass der Sweep auch weit genug unterhalb der Resonanzfrequenz beginnt.

Die Dauer des GlideSweeps ist von der Startfrequenz abhängig. Je tiefer die Frequenz, desto länger muss das elektromechanische System angeregt werden. In der folgenden Messung eines Mitteltöner-Lautsprechers wurde 1.5 Sekunden Signaldauer für eine Messbandbreite von 20 Hz – 20 kHz verwendet.


Frequency response
Frequency response

Die Messung wurde in nicht Freifeld-Bedingungen durchgeführt. Die dadurch auftretenden Reflektionen zeigen sich im Frequenzgang (grüne Kurve) in Form von Welligkeiten. Diese werden durch eine gleitende Kurvenmittelung (rote Kurve) entfernt. Alternativ können die Reflektionen auch durch die Verwendung eines Zeitfensters eliminiert werden.

Messungen an Wiedergabe-Geräten
Wiedergabe-Geräte kennzeichnet der fehlende geschlossene Signalpfad. Es ist in der Regel nicht möglich, ein vom Audio-Generator erzeugtes Testsignal auf das Gerät zu spielen und das zu analysierende Signal direkt wieder dem Audio-Analysator zuzuführen. Damit fehlt die notwendige zeitliche Synchronisation zwischen Audio-Generator und -Analysator. Typische Beispiele von Wiedergabe-Geräten sind Mobiltelefone oder Tablet Computer, sowie die meisten Geräte mit eingebautem Lautsprecher.

Um die fehlende Synchronisation zwischen Audio- Generator und Analysator wieder herzustellen, wird dem eigentlichen GlideSweep-Testsignal eine kurze Trigger-Sequenz vorangestellt. Dieses Signal wird vom zu testenden Gerät als wav- oder mp3-Datei abgespielt.


Erreicht nun die Trigger-Sequenz den Audio-Analysator, wird die Messung automatisch ausgelöst. Da die Dauer des GlideSweeps bekannt ist, ist der Analysator mit dem abgespielten Testsignal exakt synchronisiert.

Dieses Video zeigt die Messung an einem Smartphone Lautsprecher.

 

Messungen an Audio Geräten
Dies sind Geräte mit analogen oder digitalen Audio Ein- und Ausgängen wie z.B. Verstärker. Dies erlaubt eine direkte Anbindung an den Audio-Generator und -Analysator. In diesem Beispiel wird eine Mikrofon-Eingangsstufe eines Audio-Mixers gemessen. Amplituden- und Verzerrungsgang werden mit einem 500 ms schnellen GlideSweep von 20 Hz – 20 kHz gemessen. Das Verhalten von Ausgangspegel und Verzerrung in Abhängigkeit des Eingangspegels wird mit einem Amplituden-Sweep im Bereich von -100 dBV bis -20 dBV realisiert.


Mic input
Mic input

Besondere Aufmerksamkeit erfordern Systeme mit dynamischem Regelverhalten, wie z.B. automatischer Verstärkungsregelung (AGC), oder Pegel-Begrenzer (Limiter). Hier muss vor der eigentlichen Messung sichergestellt werden, dass sich das zu testende System in einem stabilen Zustand befindet. Dies wird erreicht, indem der Sweep-Messung ein „Pre-Ton“ mit z.B. 1 Sekunde Dauer vorangestellt wird